Ich hatte mir vorgenommen ein Kleid zu nähen, das ich tatsächlich auch im Alltag tragen werde. Gesagt, getan. Auf diesem Kleid steht mein Name. Das passt zu mir wie heiße Himbeeren auf Vanille-Eis. Ich finde den Schnitt einfach sensationell - elegant und retro-schick, bequem, sommerlich und trotzdem Büro-tauglich. Zu alledem war das Kleid auch noch sau-günstig - *klopft sich selbst auf die Schulter*.
Hier die Fakten:
Schnitt: Vogue 8577, Variante A
Stoff: Eine Bettwäsche-Garnitur "Dvala" vom Möbel-Schweden (140 x 200 cm, also fast 4 Meter Stoff plus Kissen für Euro 14,95), und ein kleiner Rest vom Cambie-Futter für den Unterrock.
Sonstiges: Paspel für ca 20 Cent und 10 Knöpfe á 55 Cent, ein bisschen Baumwollvlies.
Änderungen am Schnitt: Habe den Rock (wie immer) um 5 cm verlängert. In Originallänge hätte es aber trotz meiner 181cm sehr gut hingehauen. Außerdem hat der Unterrock nicht exakt den Schnitt wie vorgesehen, sondern wurde etwas "abgespeckt".
Langfristig habe ich nicht vor, mein Geld einfach dem Möbel-Schweden statt z.B. dem Klamotten-Schweden in den Rachen zu werfen (zwecks Weltverbesserung und so). Im Moment fühle ich mich aber noch nicht so sicher, dass ich für ein neues Schnittmuster leichtfertig einen teuren Stoff verschnippeln würde. Bei diesem Schnittmuster war das auch sinnvoll, weil nicht ganz einfach (auch wenn es mit "easy" betitelt wird).
Die meisten Probleme hatte ich bei den Taschen. Erst habe ich minuten-, ach was stundenlang, abwechselnd die Anleitung angestarrt und die Schnitteile gedreht und gewendet. Zwischendurch ausgiebiges am-Kopf-kratzen. Das Internet half leider auch nicht weiter. Nun hatte ich die Taschenblende schon mühevoll mit einer Paspel veredelt (zum ersten Mal), auf die Taschen konnte ich nicht verzichten. Überhaupt sollte niemand auf Taschen in einem Kleid verzichten. Irgendwann habe ich verstanden, dass man tatsächlich von mir verlangt, eine konvexe Kurve an eine konkave Kurve zu stecken. Bei der ersten Tasche habe ich den Rand vom Rock eingeschnippelt was das Zeug hält. Das Ergebnis: große hässliche Falten. Bei der zweiten Tasche habe ich das eine Teile (die konkave Rundung) beim Nähen ein bisschen gedehnt. Ergebnis: Kleine und regelmäßige Falten. Beide Taschen habe ich gelassen wie ich sie schuf. Schwarz verzeiht ja einiges.
Ursprünglich hatte ich vor, nur das Oberteil zu füttern damit die Bettwäsche auch für das ganze Kleid reicht. Allerdings war der Stoff dazu zu durchsichtig. Ich habe mir für den Unterrock dann selbst einen Tellerrock mit einem kleineren Umfang aus einem Rest Stoff gezeichnet. Der Oberstoff ist doch relativ steif. Hätte ich alle Schnitteile wie vorgesehen für das Futter nochmal zugeschnitten hätte ich ein wahres Rock-Monstrum geschaffen. Letztendlich musste ich trotzdem über 7 Meter Saum nähen, und das auch noch in rund. Da floss der Schweiß in Strömen.
Ich hatte mich übrigens - trotz Probeteil - in der Größe total vertan. Spät am Samstag-Abend hatte ich beide Schichten zusammengefügt und bin kurz vor dem Schlafengehen nochmal hineingeschlüpft. Entsetzt musste ich feststellen, dass mir das Kleid vieeeeeeeel zu groß war und eher an eine Kutte erinnerte. Nach einer schlechten Nacht habe ich also direkt nach dem Frühstück am Sonntag wieder alle vier Seitennähte aufgetrennt und um 2 cm versetzt. Obwohl ich zwischendrin immer wieder anprobiert hatte musste ich also am Ende ganze 8 (ACHT!) cm im Umfang wegnehmen. Beim Auftrennen habe ich mir noch den Nahttrenner in die Hand gerammt und dachte kurzzeitig, dass das wohl nach dem Wochenende behandelt werden muss (Mitleids-Foto anbei).
Am Sonntag traf mich noch ein weiterer Schlag. Ich war davon ausgegangen, dass ich die Armausschnitte nicht säumen muss, schließlich ist das Kleid ja gefüttert. Laut Anleitung sollten die Armausschnitte mit Schrägband eingefasst werden. Vor dem Schrägband habe ich mich ja bisher gedrückt. Ich dachte tatsächlich, ich wüsste es besser, bis ich einen Armausschnitt von innen abgesteppt hatte und versuchte habe das Kleid zu wenden. Der Schrei war laut, das Fluchen dreckig. Wenn man dann merkt "das KANN ja gar nicht funktionieren", da kommt man sich ganz schön doof vor, wa?
Also, auch diese Naht musste wieder auf. Glücklicherweise hatte ich noch einen anderen, robusten, schwarzen Stoff da, aus dem ich mir dann ein bisschen Schrägband geschnitten habe. Ich habe die Armausschnitte mit einem "edlen Saum" abgechlossen (danke, Elke und Lucy). Hat gut geklappt, sieht gut aus, und wird jetzt auch endlich an der Bluse Anwendung finden. Beim nächsten Mal werde ich nur eine Falte in das Schrägband bügeln, das reicht dafür nämlich auch.
Montag Abend habe ich noch ganz gemütlich die Knopflöcher und Knöpfe angenäht, also nur ein bisschen mehr als ein Wochenende für das Kleid gebraucht. Ich bin stolz, dass ich es durchgezogen habe, schließlich wird das Wetter auch bald wieder wärmer und der Mann im Hause muss nicht an jedem Wochenende lernen und ist somit beschäftigt.
Fazit: Ich hatte mich in das Schnittmuster schon wegen der Zeichnung verliebt und finde auch das Ergebnis entsprechend traumhaft. Ich mag die Silhouette mit dem breiten Mittelteil, und, dass das Kleid so schön bequem ist. Und natürlich die Maxi-Taschen in denen mein ständiger Begleiter, der L*abello, verschwindet. Allerdings weiß ich nicht, ob ich mich in nächster Zeit nochmal zu einer anderen Version aufraffe. Was mich davon abhält sind die über 20 Schnitteile, die teilweise auch noch riesig groß sind. Wer sich davon, und der zugebenermaßen breiten Schulterpartie nicht abschrecken lässt, dem sei dieser Schnitt aber definitv empfohlen.
Gestern Abend war es so kalt, dass ich mich nichtmal überwinden konnte zu Hause für die Fotos die Leggins auszuziehen. Das Kleid geht aber anscheinend auch mit.
So, der Feiertag kann kommen. Später wird gewandert, hoffentlich hält das Wetter. Vorher schau ich mal noch beim MMM vorbei, wer noch in seinem Sommerkleidchen friert.
Einen schönen 1. Mai allerseits!
Ds Kleid ist dir sehr gut gelungen und steht dir ganz toll. Und unglaublich, wie viel man bei einem einzigen Kleid lernen kann! Dazu gehören natürlich auch die Verletzungen auf dem Weg ;).
ReplyDeleteLG
Susanne
Trotz den vielen Schwierigkeiten, ein sehr schönes Kleid. Den Schnitt merk ich mir.
ReplyDeletelieber Gruß
Elke
Eine spannende Geschichte und ein hübsches Endergebnis! Fühl dich wohl in dem Kleid!
ReplyDeleteEin tolles Kleid! Aber ich habe leider auf über 20 Schnittteile keine Lust :-)
ReplyDeleteLG Judy
Tolles Kleid - auch wenn es einige Hürden zu bewältigen gab ;) So ein Pieks gehört leider ab und zu dazu.
ReplyDeleteDu hattes meine Wickelkleid-Saga kommentiert und bist auch am Überlegen, ein Wickelkleid aus Jersey zu nähen: lass dich nicht abhalten! Du hast eine komplett andere Figur als ich und ich glaube dass das sehr gut an dir aussehen wird! Und falls es der gleiche ist wie mein Schnitt (Vogue 8784) kannst du es ja erstmal mit dem weiten Rockteil nähen (falls du genug Stoff hast) - da treffen dann nicht so viele Falten und Nähte an einer Stelle aufeinander.
Prinzipiell fand ich den Schnitt schon gut, nur nicht an mir selbst.
Du hast übrigens einen schönen blog.
Lieben Gruß!
frifris
Haha, wir spielen jetzt ein bisschen Kommentar-Pingpong :)
DeleteIch wüsste eigentlich nichts, was gegen einen Knopf spricht. Vielleicht machst du ihn erst mit Schlaufe anstatt mit Knopfloch, falls es doch irgendwie nicht klappt; (Band nachträglich nähen und darannähen ginge ja auch noch, falls es dir doch besser gefallen sollte oder das mit dem Knopf nicht klappt).
Das Kleid ist in der Anleitung übrigens gefüttert, ich weiß nicht ob du das machen willst. Ich habe meine Strickstoff einfach umgeklappt festgenäht, allerdings ging das bei dem nicht so sehr dehnbaren Stoff auch gut.
Guck mal bei google images oder bei pattern review noch mal nach dem Schnitt, vielleicht hat den jemand aus Jersey genäht.
Ich wünsche dir auf alle Fälle viel Erfolg mit dem Schnitt! Ich glaube, mit mehr als null Oberweite sieht der auch wirklich gut aus ;)
LG frifris